Umstellung der Vorderradbremse von Trommel- auf Scheibenbremse bei MZ ETZ
Anleitung von Stefan Wagner
Fast alle ETZ-Modelle wurden sowohl mit Trommel- als auch mit Scheibenbremse
am Vorderrad gefertigt.
Der Unterschied der Bremsleistung ist enorm. Während die Trommelbremse
nach heutigen Maßstäben nur als 'na ja' bezeichnet werden kann
ist die Scheibenbremse (ein Brembo-Nachbau) von höchster Güte.
Die Umrüstung ist problemlos möglich. Da nur Originalteile
verwendet werden, entspricht das Motorrad voll dem Serienstand.
Diese Beschreibung richtet sich zwar an Nicht-Profi-Schrauber. Ihr solltet
aber vielleicht nicht unbedingt mit dieser Arbeit euren Einstand geben.
Habt ihr Schlossererfahrungen an Fahrrad oder Moped sollte es aber wohl
klappen.
Disclaimer: Dies ist die Beschreibung dessen, was ich gemacht habe.
Es ist keine Anleitung oder Verfahrensanweisung! Ich übernehme
keinerlei Haftung für Irrtümer oder Schäden, die aus dem
wie auch immer gearteten Gebrauch dieses Artikels entstehen.
Benötigte Teile
- Hauptbremszylinder komplett mit Bremshebel
- Bremsschlauch
- Bremssattel (Verbindungsmuffe mit Rechts-Links-Gewinde nicht vergessen)
- Bremsbeläge (sind übrigens maßgleich mit denen der BMW K75)
- Bremsscheibe
- 6 Schrauben M 8x40 mm, Festigkeit 8.8, mit Federscheiben, je 2 Unterlegscheiben
und Muttern
- 2 Schrauben M 10x30 mm, Festigkeit 8.8, mit Federscheiben
- Nabe Vorderrad und Speichen für Scheibenbremse oder komplettes Vorderrad
- Vorderachse für Scheibenbremse mit den passenden Distanzstücken
- Tauchrohr rechts (Ausführung für Scheibenbremse)
- eventuell einen neuen Simmerring für das Tauchrohr
- 230 ml Gabelöl (SAE 20 mit MoS2-Suspension)
- Bremsflüssigkeit (DOT 4)
- Wälzlagerfett
- Kupferpaste
- Schraubensicherungskleber hochfest
Spezielles Werkzeug
- Rohrschlüssel SW10
- Ringschlüssel SW24 mit Verlängerung oder ganz viel Kraft.
- evt. Drehmomentschlüssel
- Für die Montage der Bremsscheibe braucht man eine Stecknuß SW13
mit Verlängerung und einen gekröpften Gabelschlüssel oder
einen Rohrschlüssel zum Gegenhalten.
Wie wird's gemacht
Demontage Vorderrad
Vor der Demontage des Vorderrads die obere Verschlußschraube des
rechten Standrohres lösen. Achtung, das Teil geht sauschwer! (150 Nm
Anzugsmoment!) Am besten das Vorderrad an eine Wand (oder Stoßstange
vom Auto oder so) anlehnen und einen guten Ringschlüssel mit Verlängerung
benutzen.
ACHTUNG: Auf keinen Fall an den Lenkanschlägen abstützen!
Dann Vorderrad ausbauen, Bremsanker abschrauben. Bremshebel abschrauben
und Bremszug abbauen. Bei Bedarf Reifen demontieren und Felge ausspeichen.
Nabe (oder Vorderrad), Achse, Distanzstücke, Bremshebel, Bremszug
und Bremsanker werden nicht mehr benötigt und können eingelagert
werden.
Tausch Standrohr (unorthodoxe Schnellmethode nach Hendrik Merkel)
Schutzblech ausbauen, Faltenbalg hochschieben.
Schüssel unterstellen (zum Öl auffangen).
Am Fuß des Tauchrohrs die Schraube M 6 lösen (mit Rohrschlüssel SW10).
Sollte sich der Dämpfereinsatz mitdrehen, mit einem Schraubenzieher
gegenhalten.
Tauchrohr vorsichtig abziehen, Achtung, es kommt das Gabelöl mit heraus!
Am Fuß des Tauchrohrs oder am Dämpfereinsatz sind eine Tellerscheibe,
eine Feder und eine Dichtscheibe. Die fallen gern ins Altöl.
Beim neuen Tauchrohr den Simmerring prüfen und im Zweifelsfall
tauschen.
Zur Montage des neuen Standrohrs am besten eine neue Dichtscheibe aus
Dichtungspapier anfertigen (dieser rote feste Karton), die etwas größer
als die Feder ist und stramm auf dem Gewindebolzen am Ende des Dämpfers
sitzt.
Damit kann man Tellerscheibe, Feder und Dichtung auffädeln und
verhindert, daß sie ins Tauchrohr fallen. Das Tauchrohr vorsichtig
auf das Standrohr schieben (Vorsicht, sonst ist der Simmerring gleich wieder
kaputt) und mit der Mutter M 6 wieder sichern. Federscheibe nicht vergessen!
Faltenbalg wieder draufschieben.
Die (hoffentlich vorher gelöste Verschlußschraube) des Standrohrs
aufmachen und 230 ml Gabelöl (SAE 20 mit MoS2-Suspension)
einfüllen. Verschlußschraube wieder rein und schonmal
festziehen. Schutzblech wieder einbauen, aber die Schrauben nur lose
befestigen.
Montage Bremssattel und Hauptbremszylinder
Bremssattel am Standrohr anschrauben. Unbedingt 8.8er Schrauben mit Federringen
verwenden. Kupferpaste ist sinnvoll. Anzugsmoment (soweit ich es herausfinden
konnte) 50 Nm.
Hauptbremszylinder am Lenker anbringen. Bremsschlauch durch die untere
Gabelbrücke fädeln (dafür muß in der Regel das Blinkerkabel
vorübergehend raus) und zuerst am Hauptbremszylinder anschrauben.
Darauf achten, daß der Schlauch nicht verdreht ist!
Die Muffe am Bremssattel anschrauben und dann mit der Muffe den Bremsschlauch
anschrauben. Die Muffe hat Rechts- und Linksgewinde, so daß der Bremsschlauch
nicht verdreht wird.
Montage Vorderrad
Vorderrad einspeichen und zentrieren (lassen), Reifen montieren (lassen).
Bremsscheibe mit 8.8er Schrauben, Federringen und Loctite hochfest
montieren, Schrauben über Kreuz anziehen (25 Nm).
Rad mit der neuen Achse und den Distanzstücken montieren. Dabei
unbedingt folgende Reihenfolge beachten und zwischen jedem Schritt
die Gabel mehrfach durchfedern!
- Achsmutter (80 Nm)
- Achsklemmung
- Schutzblech
Ziel ist, zu erreichen daß die Gabelholme parallel stehen. Manchmal
ist die Achsklemmung selbst bei gelöster Klemmschraube so schwergängig,
daß man bei der Montage vorsichtig nachhelfen muß, daß
sie in die korrekte Position rutscht. Eine verspannte Gabel führt
auf jeden Fall zu schlechtem Fahrverhalten!
Jetzt auch die Gabelverschlußschraube wieder auf 150 Nm anziehen.
ACHTUNG: Dabei auf keinen Fall an den Lenkanschlägen abstützen!
Bremse befüllen und entlüften
Im gelben Buch (Wie helfe ich mir selbst; Neuber/Müller; ISBN 3980429423) wird die
Befüllung über die Entlüftungsschraube beschrieben.
(Schlauch mit Trichter ans Entlüftungsventil, der Trichter muß
höher sein
als der Hauptbremszylinder. Trichter mit Bremsflüssigkeit füllen.)
Ich hatte eine kombinierte Methode angewandt, indem ich zusätzlich schon
etwas Bremsflüssigkeit in den Vorratsbehälter gefüllt
habe, so daß dort keine Luft angesaugt werden konnte. Bremshebel periodisch
betätigen, es kommen Luftblasen aus dem Trichter. Kommen keine Luftblasen mehr, ist
die Bremse gefüllt. Pegel im Vorratsbehälter prüfen und
Entlüftungsventil schließen. Beim mehrfachen Betätigen des Bremshebels muß
sich nun Druck aufbauen (man spürt Widerstand).
Abschließende Arbeiten
Bremsscheibe entfetten (z.B. Spiritus oder Bremsenreiniger)
Probefahrt (mit der gebotenen Vorsicht Bremse und Lenkverhalten prüfen)
Für den gesamten Umbau (einschl. Reifenmontage und Einsetzen eines
Helicoil wg. vergnaddeltem Spiegelgewinde) habe ich 8 Stunden an zwei Tagen
gebraucht. Mit mehr Erfahrung wäre es sicher schneller gegangen. Aber
es hat Spaß gemacht und ich habe meine Emme besser kennengelernt.
Spezielle Hinweise
Simmerring wechseln
Standrohr mit Schonbacken in den Schraubstock einspannen. Den alten Simmerring
vorsichtig mit einem breiten Schraubenzieher o.ä. heraushebeln. Darauf
achten, daß die Passung für den Simmerring nicht verkratzt wird!
Den neuen Simmerring an der Dichtlippe gut mit Gabelöl einölen
(am besten hineinlegen) und mit dem alten Ring vorsichtig in das Tauchrohr eintreiben.
Montagerichtung: Offene Seite unten (zum Tauchrohr).
Bremsleitungen anschrauben
Bremsleitungen haben einen "plastischen" Dichtsitz, d.h. die Abdichtung
wird dadurch erreicht, daß sicht der Anschlußstutzen des Bremsschlauchs
leicht in den Grund der Bohrung drückt. Deswegen beim Festziehen der
Stutzen beachten: Von Hand eindrehen bis der Stutzen am Grund der Bohrung
anschlägt. Dann nur noch eine kleine Drehung mit Gefühl (vielleicht
eine Achtel Umdrehung). Die aufzuwendende Kraft ist geringer als bei einer
'normalen' Verschraubung, Vorsicht!
Copyright (c) 1997, 1999 by Stefan Wagner
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